von Sebastian Rothe
Was haben das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die spanische Inquisition gemeinsam? In beiden Fällen handelt es sich um staatliche Behörden, die von Amts wegen über den rechtmäßigen Glauben von Individuen entscheiden. Genauer: Sie entscheiden darüber, wer ein aufrichtiger Christ ist und wer nur zum Schein konvertierte. Und die Parallele geht noch weiter: So hängt von der Entscheidung, die die jeweilige Behörde über die Aufrichtigkeit der Konversion eines Individuums zu treffen hat, seine soziale Exklusion oder Inklusion in das Gemeinwesen ab; bisweilen sogar das Leben des Betreffenden. Kaum zu glauben? Kaum zu glauben, dass in Deutschland, dass in einem modernen, europäischen Rechtstaat, in dem Religionsfreiheit gilt, so etwas möglich ist.
Nun ist es natürlich keineswegs so, dass sich der deutsche Staat als Glaubenshüter aufführen wollte. Er gerät quasi ungewollt in diese Position, weil die Konversion zum Christentum in asylrechtlicher Hinsicht ein klassischer Nachfluchtgrund sein kann. In einigen muslimischen Ländern, vor allem Afghanistan und Iran, steht Apostasie, also der Abfall vom rechten Glauben, unter Strafe, so dass Asylbewerbern, die aus diesen Ländern nach Deutschland geflohen sind und sich anschließend hier haben taufen lassen, bei einer Rückkehr Gefängnis oder gar der Tod droht. Es geht also um die Pflicht des deutschen Staates, Konvertiten vor den Inquisitoren unserer Tage zu schützen, die nicht im BAMF sitzen, sondern in afghanischen oder iranischen Gerichten; zu schützen sind aber eben nur ‚echte‘ Konvertiten – und da liegt die Parallele zur Situation in Kastilien vor fünfhundert Jahren.
„Du entscheidest über die Zukunft dieses Menschen“ – Konvertiten vor der spanischen Inquisition und dem deutschen BAMF weiterlesen