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Buridans Esel oder vom unendlichen Glück des Entscheidens (Teil II)

von Jan Keupp

Wenig Konkretes wusste der badische Kirchenrat Karl Joseph Bouginé im 1789 erschienenen ersten Band seines ‚Handbuchs der allgemeinen Litterargeschichte‘ unter dem Stichwort ‚Johann Buridanus‘ anzugeben. Der mittel­alterliche Gelehrte, so wird knapp vermerkt, habe in zeittypischer Manier Schriften über die Logik verfasst. Dabei habe er „das Sprüchwort: Asinus Buridani“ in die Welt gesetzt habe, „worüber die Gelehrten vergebens nachgrübelten“.[1] Vorschnell scheint in diesem Eintrag das Verb ins Präteritum gesetzt: Das gelehrte Nachgrübeln nämlich dauert bis in die Gegenwart hinein an. Im Allgemeinen darum bemüht, das Leiden des unentschieden zwischen zwei gleichermaßen attraktiven Heuhaufen gefangenen Grautiers zu beenden, ersannen man immer neue Rettungspläne. In Fortsetzung meines letzten Blogbeitrags möchte ich drei weitere Varianten präsentieren.

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Buridans Esel oder vom unendlichen Glück des Entscheidens (Teil I)

von Jan Keupp

Aus: Kladderadatsch. Humoristisch-satirisches Wochenblatt 3,2 (1850), S. 8.

„Des Buridanus Eselstute / kennt jeder Böse, jeder Gute“, so reimte der Nonsenspoet Christian Morgenstern im Februar 1906.[1] Das bedauernswerte Tier habe bekanntlich „vom Wirbel bis zum Steiß“ den Hungertod erlitten. In der Mitte zwischen zwei gleichartige Heuhaufen platziert habe es sich für keinen der beiden entscheiden können. Gefangen im Gravitationsfeld äquivalenter Anziehungskräfte musste das Langohr daher bis zu seinem bitteren Ende regungslos verharren. Das grausame Exempel wurde spätestens seit dem 16. Jahrhundert dem Scholastiker Jean Buridan († 1358) zugeschrieben. Seine Wirkungsgeschichte überspannt allerdings alle Epochen der europäischen Geistesgeschichte: Ist dieser Esel in seiner Entscheidungsschwäche noch zu retten?

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